Coronakrise zwingt DJH-Landesverband MV die Jugendherberge Zingst zu schließen, um damit den Bestand anderer Jugendherbergen im Land zu sichern

PRESSEMITTEILUNG
02.07.2021

Umsatzverluste in Millionenhöhe in 2020 und 2021 haben im DJH-Landesverband Mecklenburg-Vorpommern e.V. einen massiven Investitionsstau hinterlassen. Um den Bestand zu sichern und in die Zukunft der Jugendherbergen des DJH-Landesverbandes investieren zu können, wird die Jugendherberge Zingst verkauft.

Die Ursachen für die  dauerhafte Schließung des Standorts Zingst, die von den zuständigen Verbandsgremien des DJH-Landesverbandes M-V per Beschluss finalisiert wurde, spiegeln sich im Verlauf der seit nunmehr eineinhalb Jahren andauernden Krisensituation wider.

Mit einem Umsatzverlust von rund 7 Millionen Euro und knapp einem Drittel der sonst üblichen Übernachtungen hatte der DJH-Landesverband Mecklenburg-Vorpommern e.V. mit seinen 14 Standorten das Pandemiejahr 2020 abgeschlossen. Symptomatisch für ein ganzes Segment: Während die gesamte Übernachtungsbranche im Land laut Statistischem Amt M-V in 2020 einen Verlust von rund -18 % verzeichnete, lagen die Kinder- und Jugendreiseanbieter in M-V (Segment „Jugendherbergen und Hütten“) bei -57 % Übernachtungsverlust.

Noch Ende 2020 war der Vorbuchungsstand für 2021 dennoch aussichtsreich: In den 14 Standorten des DJH-Landesverbandes und so auch in Zingst buchten sich Schulklassen und Jugendgruppen ein, die in 2020 auf eine Fahrt verzichten mussten, und bei denen perspektivisch der Reisedrang nach Lockdown und Homeschooling-Zeit umso größer war. Mit dem anhaltenden Lockdown, der für die Übernachtungsbranche von November 2020 bis Juni 2021 andauerte, wuchs jedoch die Unsicherheit bei den einschlägigen Zielgruppen. Schulfahrten blieben mit Ausnahme von zwei Bundesländern bis zu den Sommerferien verboten und sind für den Rest des Jahres 2021 weiterhin zum Teil untersagt. Der Großteil der langfristig gebuchten Klassenfahrten in 2021 und viele Jugendfreizeiten im Sommer 2021 wurden aufgrund mangelnder Planungssicherheit storniert. Obwohl alle Jugendherbergen des DJH-Landesverbandes, und so auch die Jugendherberge Zingst, bis zum Juni 2021 buchbar blieben, blieben mit fortschreitender Dauer des Lockdowns die erforderlichen Neubuchungen zum Großteil aus. Im zweiten Jahr in Folge fehlen also die relevanten Zielgruppen Schule und Jugendgruppen, die unter normalen Bedingungen rund zwei Drittel der Gäste der Jugendherbergen des DJH-Landesverbandes ausmachen. Da ein Großteil der Standorte jedoch mit Gruppenzimmern und Gemeinschaftssanitär für eben diese Zielgruppen ausgestattet sind, lässt sich die Lücke nur bedingt durch klassische Touristen und Familien schließen. Hinzu kommt, dass – wie in der gesamten Hotel- und Gastronomiebranche – Personal aufgrund mangelnder Beschäftigungsperspektiven während des andauernden Lockdowns in andere Branchen gewechselt ist. Der Personalmangel führt insbesondere in Topdestinationen nicht nur DJH-Jugendherbergen an die Grenze ihre Betriebsfähigkeit. Dringend notwendige Investitionen zur Instandsetzung und Instandhaltung der Häuser mussten deshalb verschoben werden.

Der Ertrag des DJH-Landesverbandes M-V wird sich demnach im Wirtschaftsjahr 2021 im Vergleich zu 2020 kaum verbessern. Somit reichen die Erträge annähernd für die Sicherung des Status Quo, nicht aber um wichtige Investitionen und Instandhaltungsmaßnahmen zur Bestandssicherung durchzuführen. Ohne diese würde der DJH-Landesverband jedoch den Fortbestand aller Jugendherbergsstandorte und des Gesamtbetriebs mit rund 250 Mitarbeitenden gefährden.

Der DJH-Landesverband M-V reagiert pragmatisch, um diese Bedrohung abzuwenden:

Zum einen
wird erneut eine Teilöffnungsstrategie vorgesehen: Da die prognostizierte Auslastung für den Gesamtbetrieb für das Jahr 2021 zu gering ist, um 14 Jugendherbergsstandorte kostendeckend betreiben zu kömmen und weil die Personaldecke radikal geschrumpft ist, wird die Kapazität verdichtet: Gäste aus sieben in 2021 nicht öffnenden Jugendherbergen, so auch die Jugendherberge Zingst, werden in sieben geöffnete Jugendherbergen umgebucht, Mitarbeiter werden in geöffneten Standorten eingesetzt, darunter alle unbefristet beschäftigten Mitarbeiter der Jugendherberge Zingst. Der Großteil der Umbuchungsangebote wurde von den Kunden angenommen: So können in diesen Sommerferien immerhin noch 20.000 Kindern und Jugendlichen aus ganz Deutschland Ferienfreizeiten in sieben Jugendherbergen in Mecklenburg-Vorpommern ermöglicht werden.

Zum anderen muss Eigentum des Verbands veräußert werden, um aus den angestrebten Verkaufserlösen dringend benötigte Investitionen in den anderen Jugendherbergen vornehmen zu können. Durch fehlende Einnahmen seit Eintreten der Pandemie im März 2020 sind dringend benötigte Instandhaltungen und Instandsetzungen liegen geblieben. Die Entscheidung fiel nach eingehender Prüfung auf den Standort Zingst. Die Liegenschaft der Jugendherberge im Ostseeheilbad ist seit 1997 Eigentum des DJH-Landesverbandes M-V. Trotz ihrer attraktiven Lage inmitten des Ostseeheilbades, lag die Jugendherberge Zingst stets weit unter dem Durchschnitt der Bettenauslastung im DJH-Landesverband M-V: Eine hohe Anzahl an Mehrbettzimmern mit Gemeinschaftssanitär machen die Jugendherberge Zingst weniger attraktiv für Familien. Für Kinder- und Jugendreisen – die ohnehin seit rund 10 Jahren rückläufig sind, eine Situation, die durch Corona noch verstärkt wird – bestanden jedoch ebenfalls weniger ideale Voraussetzungen als in anderen Jugendherbergen: Als klassisches Gruppenhaus fehlt dem Standort das große Außengelände mit Sportmöglichkeiten, das alle anderen Jugendherbergen des Verbands auszeichnet.

Um die Jugendherberge herum wuchs zudem im Laufe der letzten Jahre eine dichte Bebauung mit Ferienwohnungen. Auch außerhalb der Ruhezeiten im Ostseebad war das Beschwerdeaufkommen hoch, da die tägliche Geräuschkulisse von Kindern und Jugendlichen auf dem Jugendherbergsgelände auch von der Gemeinde als störend eingestuft wurde. Das fiel oft zu Lasten der Jugendherbergsgäste aus, die sich nicht mehr willkommen fühlten.
Der mangelnde Ertrag, den die Jugendherberge Zingst bereits vor Corona einbrachte, hätte in gewöhnlichen Jahren durch den Ertrag anderer Standorte ausgeglichen werden können. Mit den Millionenverlusten in eineinhalb Krisenjahren durch die Corona-Pandemie und der dringenden Notwendigkeit, in die Instandhaltung und Instandsetzung der übrigen Jugendherbergen zu investieren, ist das nun nicht mehr möglich.

Positiv hervorzuheben ist, neben der Sicherung des Bestands, auch die Sicherung aller unbefristet beschäftigten Mitarbeiter und vieler Stammgäste der Jugendherberge Zingst: Sämtliche unbefristet Beschäftigte der Jugendherberge Zingst werden schon in dieser Saison und dauerhaft in anderen Standorten eingesetzt. Langjährige Stammgruppen haben bereits in diesem Jahr in eine neue DJH-Jugendherberge in Mecklenburg-Vorpommern gewechselt.  Da im Kinder- und Jugendreisesegment langjährige Stammgruppen ein zentraler Bestandteil sind, ist die Bindung dieser an feste Standorte von elementarer Bedeutung.

„Wir haben den Überlebenskampf in der Corona-Pandemie noch lange nicht aufgegeben. So traurig die Standortaufgabe der Jugendherberge Zingst ist: Wir geben den Mitarbeitenden und den Stammgästen eine Perspektive in anderen Standorten und wir sichern damit den Fortbestand und die Weiterentwicklung des Gesamtbetriebs der DJH-Jugendherbergen in Mecklenburg-Vorpommern. Das ist Ausdruck unserer Zuversicht trotz der für uns weiterhin bestehenden, äußerst widrigen Rahmenbedingungen.“, so Kai-Michael Stybel, Vorstand des DJH-Landesverbandes Mecklenburg-Vorpommern.

Foto: Jugendherberge Zingst (Foto: DJH MV/Gohlke)


Pressekontakt und Bildmaterial:
Deutsches Jugendherbergswerk
Landesverband Mecklenburg-Vorpommern e. V.
Miriam Gedrose
Telefon: 0381 77667-24
Mobil: 0151 15136357                          
Telefax: 0381 7698682
E-Mail: presse-mv@jugendherberge.de